Daß die SPD seit geraumer, um nicht zu sagen seit historischer, Zeit ein Glaubwürdigkeitsproblem hat, dürfte allgemein bekannt und bei ihren Anhängern ein täglich Leid sein. Seltsam aber, daß sie nichts unversucht läßt, das Vertrauen, das der eine oder andere versucht sein mag ihr entgegenzubringen, beständig selbst demontiert. Da antwortete etwa Sigmar Gabriel in einem Interview mit der Welt am Sonntag (Nr. 25 vom 18. Juni 2017) auf die Frage, „Wie wollen sie euroskeptische Wähler für Ihr neues Europa gewinnen?“ mit „Indem man aufräumt mit dem Unsinn, der seit Jahrzehnten erzählt wird: Dass wir Deutsche die Lastesel der Europäischen Union seien. Wir sind nicht Nettozahler, wir sind Nettogewinner.“ Eine Aussage, die zweifellos unter das Verdikt „Fake News“ fällt, was aber den Journalisten entweder nicht aufgefallen ist oder aber mit peinlich-vielsagendem Schweigen übergangen wurde.

Der ehemalige Bundeswirtschaftminister will dem Leser eine Behauptung unterjubeln, die die Bundeszentrale für politische Bildung eindeutig als falsch entlarvt (Link). Mit der Bildung in Deutschland ist es halt nicht weit her, das haben nicht zuletzt die Wähler in NRW quittiert – daß aber selbst beim Außenminister Bildungsbedarf besteht, wer hätte das gedacht?

Hätte er wenigstens einmal mit seinem Generalsekretär Hubertus Heil gesprochen, der von Deutschland als Nettogewinner noch nichts gehört zu haben scheint, wenn er in einem Interview des Handelsblattes beklagt, dass Staaten wie Ungarn, die baltischen Staaten und Irland „die Staatsaufgaben möglichst aus den Strukturmitteln der EU, also auch mit deutschen Steuergeldern, finanziert hatten.“ (Link) Daß dies seiner Meinung nach „zum Sprengsatz für den Zusammenhalt Europas“ werden könnte, ist für den zweitgrößten Nettozahler nach Deutschland bereits eingetroffen, denn u.a. auch deshalb haben die Briten die Reißleine gezogen: bitter genug für die wenigen übriggebliebenen Nettozahler.

Auf den Gedanken allerdings, daß umgekehrt für die Nettogewinner der Sprengsatz in der Beendigung dieser Praxis liegen könnte, da es sich aus der Sicht der erwähnten und weiterer Nettogewinnerländer (Griechenland lässt grüßen) so wie bisher eben gut leben lässt, kommt er nicht.

Aber wie bemerkte doch Frau Gabriel mit dem untrüglichen Blick der Ehegattin zu ihrem in den Urlaub gehenden Mann so treffend: „Diesmal baust du 14 Tage Sandburgen für deine Töchter statt Luftschlösser in Berlin.“ Bleibt dem Chronisten nur, zu fragen: warum nur für 14 Tage?