Die Sichtweise des Presbyteriums würde bedeuten, die Handlung war (wieder einmal) alternativlos! Woher kennen wir dieses Wort nur? Auch im postfaktischen Zeitalter gilt immer noch die Tatsache: es gibt immer eine Alternative!

Zwei Sätze sind mir in dem WZ-Artikel besonders ins Auge gefallen, die wohl auf die Pfarrerin Angelika van der List zurückgehen: „Trennung zwischen kirchlicher und politischer Arbeit könne es nicht geben.“ Und: „Beucker habe im Presbyterium allerdings keine AfD-Positionen vertreten.“

Zum ersten Satz möchte ich die Pfarrerin an unser Grundgesetz erinnern, nach dem wir uns als ein säkularer Staat begreifen, d.h. es gibt zum einen keine Staatskirche (Art. 140 GG) und die Bereiche Staat und Religion(en) sind verfassungsrechtlich voneinander getrennt (Art. 137 Abs. 1 WRV).

Obwohl die Realität in vielen Bereichen anders aussieht, hat sich unser Staat zur weltanschaulichen Neutralität verpflichtet – was im Gegenzug auch für den anderen Part gilt bzw. gelten sollte: dass sich auch der religiöse Bereich aus der Politik heraushalten sollte.

Die Gestalter des Grundgesetzes haben sich mit Sicherheit viele Gedanken darüber gemacht, warum sie diesen Passus aus der Weimarer Reichsverfassung übernommen haben: es ging zum einen um die Vermeidung innerreligiöser Konflikte, die mit dem proklamierten Wahrheitsanspruch zu tun haben – zum anderen ging es um das Ziel einer klaren Trennung zwischen kirchlicher und weltlicher Macht – um die permanenten Verflechtungen, Beeinflussungen, Unterstützungen und gegenseitigen Abhängigkeiten zu beenden. Leider kann man all dies heute lediglich als Vision beschreiben, da die Realitäten – wie schon gesagt – anders aussehen.

Eine pluralistische und freiheitliche Gesellschaft, als die wir uns nun mal definieren, braucht eine gemeinsame Rechts- und Wertegrundlage. Diese kann m.E. nur in einem gemeinsamen Bekenntnis für unser GG liegen, der freiheitlich-demokratischen Werteordnung und der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Sobald eine Religion ihre Grundsätze für höher ansieht als unser GG, wird es problematisch. Am deutlichsten sieht man diese Gefährlichkeit beim Islam, der diese Trennung nicht kennt und bei dem die Scharia gilt, die islamische Rechtsordnung. Obwohl diese mit unserem GG nicht kompatibel ist, wird trotzdem in zunehmenden Bereichen die Scharia angewendet (nicht nur als Paralleljustiz, sondern teilweise auch in der Rechtsprechung).

Von daher geht mein Appell an all diejenigen, die meinen, religiöse und politische Belange vermischen zu müssen: es möge bitte ein jeder in seinem Bereich blieben und seine Religion privat ausleben! Die Historie hat gezeigt und zeigt es mit Brutalität immer wieder aufs Neue, dass eine Vermischung der Bereiche enorme Gefahren für unsere freiheitliche Werteordnung bringt.

Der zweite Satz im WZ-Artikel bezieht sich ganz allgemein und pauschal auf „Positionen der AfD“ – wobei ich während der gesamten Debatte noch nicht herausgefunden habe, um welche Positionen denn genau es sich handelt – und welche hier einem christlichen Verständnis zuwider laufen würden. Hier wäre es doch mehr als angebracht, eine klare und offene Debatte zu erzeugen.

Leider sieht man statt dessen immer und immer wieder, dass pauschale Vorurteile zwar reproduziert, aber nie begründet und mit Inhalt gefüllt werden. Wenn man das nämlich täte, wäre es ein Leichtes, viele dieser unhaltbaren Abwertungen ad absurdum zu führen. Den Rest könnte man vielleicht als unterschiedliche Meinungen stehen lassen – die jedoch in einer Demokratie alle ihren Platz haben (sollten).

Und dass sich die AfD für diese Demokratie einsetzt, dürfte sich mittlerweile eigentlich herumgesprochen haben – auch wenn es einige Christen noch nicht wahrgenommen haben.

Gisela Neuland-Kreuz


Der Artikel, auf den Bezug genommen wird, ist hier abrufbar.