Die SPD scheint im Vollrausch zu sein. „Martin pur“ steht auf dem Etikett der Flasche – ziemlich starker Stoff offenbar. Und so wurde gestern Martin Schulz in einer wahren Krönungsmesse mit sage und schreibe 100 Prozent der Stimmen zum SPD-Chef und Kanzlerkandidaten gekürt – ein Wahlergebnis, das sogar das Selbstbewußtsein nordkoreanischer Parteiführer ins Wanken bringen dürfte.

Man fragt sich, was die SPD dazu treibt, solch eine Wahlparty mit wahrhaft sozialistischem Personenkult zu zelebrieren, denn vorzuweisen hat Schulz außer 22 Jahren als EU-Parlamentarier wahrlich nicht viel. Es scheint also eine gehörige Portion Verzweiflung in dieses Wahlergebnis eingeflossen zu sein.

Auch programmatisch hat Schulz bisher nicht viel zu bieten, was die zelebrierten Jubelarien um seine Person noch erstaunlicher erscheinen läßt – in seiner Rede wurden hauptsächlich Erwartungen geweckt (Link), an deren Realisierung er sich wird messen lassen müssen. Und wie in einem Vollrausch üblich scheinen auch eklatante Widersprüche in seinen Aussagen niemandem aufzufallen. So versicherte Schulz, „Mit mir wird es keine Herabwürdigung des politischen Wettbewerbs geben. Wenn andere einen anderen Weg wählen, wird es am Ende die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler sein, darüber ein Urteil zu fällen.“ Davon ausgenommen scheint für ihn allerdings die AfD, die er in der gleichen Rede als „Schande für die Bundesrepublik“ bezeichnete.

Nicht daß uns solche Diffamierungen noch stören würden, mit der Zeit haben wir uns daran gewöhnt, und aus manchem Munde muß man sie gar als Kompliment betrachten. Allerdings sollte auch den Genossen klar sein, daß hier etwas nicht ganz zusammen passen will. Hellhörigkeit sollte auch geboten sein, wenn sich jemand als einfacher Mann aus dem Volk gibt, während er sich selbst auf Kosten dieses Volkes ordentlich gesund zu stoßen scheint (Link), und auch sonst den freigiebigen Umgang mit Steuergeldern propagiert (Link).

Warten wir es also entspannt ab: Die Narkose wird in absehbarere Zeit nachlassen, und wir wären nicht überrascht, wenn sich der derzeitige Vollrausch dann in einen veritablen Kater verwandelt – wie bei allem, was im Übermaß genossen wird. Seit 150 Jahren will die SPD die Menschen aus der Armut befreien – bei Martin Schulz, so munkeln böse Zungen, hat dies immerhin schon geklappt.