Ein interessanter Vorschlag im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist letzte Woche vorgestellt worden: ein sogenanntes „Bürgerticket“. Mal abgesehen davon, daß es schon immer fraglich war, was denn ein „Ticket “ vom heimisch-sprachlichen „Fahrschein“ unterscheidet und warum dieser einheimische Begriff ums Verrecken nicht mehr verwendet wird, ist der Vorschlag viel zu bedeutend, um nicht auch an dieser Stelle gewürdigt zu werden. Da haben sich Gruppen von Bürgern Gedanken gemacht, wie die Situation des ÖPNV zu verbessern wäre. Allerdings soll da nicht nur der ÖPNV verbessert werden, sondern auch die Luft. Und die Verstopfung auf den Straßen. Ein umfassenderes Konzept also. Wir werden uns hier und in folgenden Beiträgen zunächst darauf beschränken, einige Verdachtssplitter (im Zusammenhang mit unserer Partei kann diese Wortwahl nicht überraschen) und einzelne Aspekte beleuchtende Streiflichter in Worte zu fassen.

Also Bürgerticket als sprachliche Mogelpackung: Der Begriff, die Wortwahl verschweigt und möchte bemänteln, daß es das Bürgerticket längst gibt und es eigentlich gar nicht eingeführt zu werden braucht. Denn jeder Bürger ist frei darin, sich an allgemein zugänglichen Verkaufsstellen eine Netzkarte für den Bereich Wuppertals (und nur darum handelt es sich im Kern beim „Bürgerticket“) zu kaufen und den ÖPNV derart zu nutzen. Das Neue ist nur, daß die Netzkarte zwangsweise und gegen ein Zwangsentgelt allen Einwohnern Wuppertals zugeteilt wird, ein Konzept, das wir bereits aus dem Bereich des sogenannten „Semestertickets“ für Studenten kennen. Auf der Strecke bleibt die recht eigentlich freie und eigenbestimmt gewählte, individuell zugeschnittene Wahl der Beförderung für die Bürger.

Mit dieser Feststellung ist noch keine Endentscheidung über die Zustimmung zu diesem Konzept getroffen; jedoch verschweigen die Befürworter den Zwangs-Aspekt des Konzepts in geradezu dröhnender Weise, obwohl er sich doch eigentlich geradezu aufdrängt: Daß beim Bürgerticket die grundgesetzlich garantierte Handlungsfreiheit der Bürger verletzt wird, spricht man nicht an. Es werden einige Vorteile des Konzepts aufgezählt, aber das Spannungsfeld zwischen Freiheit und Zwang, das soll offensichtlich lieber im Dunkeln bleiben. In einer offenen und freien Debatte ist es aber notwendig, sich über alle Aspekte auszutauschen, und darum hätte es den Befürwortern des Konzepts gut zu Gesicht gestanden, schon von selbst dieses Problem anzusprechen. Da das nicht geschehen ist, bleibt der Verdachtssplitter, man befürchte auf Seiten der Befürworter, gegenüber dem Vorwurf der „Zwangsbeglückung“ argumentativ nichts auf der Pfanne zu haben.

Mit anderen Perspektiven des Bürgertickets werden wir uns noch befassen.